Gedankenwirrwarr & Ruhrpott

Meine ganz eigene Welt

Einzigartig

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Halde Haniel

Die Halde Haniel in Bottrop ist einzigartig. Behaupte ich jetzt einfach. Ach. Papperlapapp. Na klar. Da kenne ich mich mit aus.

Ich versuchte schon als ganz kleiner Bub, unbewusst aber recht zielstrebig meine eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Und von Karl May verstanden, wurde mir schlagartig klar: Ich bin Winnetou. Darum stand Karneval „the brandnew Redskin in the town“ auf der Straße. Tja, war allerdings nicht der einzige Knabe mit dieser vorpubertierender Idee. Gleichartig reihte ich mich mit meinem ellenlangen Federkopfschmuck und Gummi Tomahawk neben all den anderen, bleichen Rothäuten ein und verstand: Nächstes Jahr wird alles besser.

Ein typgerechter Held musste her. Errol Flynn. Robin Hood. Dermaßen euphorisiert, quetschte ich mich in ein giftgrünes Samt-Outfit, welches eigentlich vorne zugeschnürt werden sollte… Sollte… Naja. Bei mir war bauchfrei angesagt, ich schoss in die Breite und nicht in die Höhe. Aber mit allem Übel nicht genug, als Kopfschmuck gab es oben drauf ein gleichfarbiges, grünes Schiffchenhütchen, dessen Gummiband ordentlich in meine dicken Wangen kniff, und sie zweiteilte wie Po-Backen. Obendrein hatte das Käppi auch noch eine gefühlte zwei Meter lange, bunte Vogelfeder, die, wie so ein roter Regenschirm eines Städteführers, auf mich aufmerksam machte. Da stand ich nun am Wegesrand des Kinderkarnevalszug. Ich kannte das Wort zwar noch nicht, aber fortan die Bedeutung von Allein-Steh-Merkmal. An diesem Tag lernte ich, das Einzigartigkeit auch seine Tücken hat.

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Halde Haniel Landschaft

Nicht immer, wie die Halde Haniel beweist, bezeugt und den Besucher verzaubert, denn sie ist einzigartig. Schon alleine weil man die unterschiedlichsten Zahlen ihrer Höhe nachlesen kann, entweder 128 Meter oder 159 Meter. Es kommt drauf an, von wo bis wo man misst. Sie streckt und reckt sich aber mit stolzen 185 Metern über Normal Null (NN) gegen den Himmel und ist damit die größte Halde im Pott und der Besucher genießt einen einzigartigen Ausblick auf Alt-Bottrop und den Hiesfelder- sowie Köllnischen Wald, der vor Jahrhunderten dem Kölner Bischof gehörte und daher seinen Namen hat.

Halde Haniel_2

Halde Haniel_Theater

Aber nicht durch ihre Größe und diesen paradiesischen Weitblick wird die Halde überragend, sondern ihre Installationen verleihen ihr Flügel. Sie hebt sich einfach ab. Zum einen beherbergt die Halde Haniel ein einzigartiges Amphitheater mit 800 Sitzplätzen, in der Veranstaltungen wie Verdis „Aida“ oder kürzlich „Der fliegende Holländer“ mit über 300 Sängern und Musikern aufgeführt wurden. Mein Highlight ist natürlich das jährlich stattfindende Osterfeuer mit reichliches Schnappes und Gesang. Ok, lassen wir das, auch erwähne ich nicht den serpentinenartigen Kreuzweg mit seinen 15 religiösen Stationen, das große Kreuz knapp unterhalb des Gipfels und das am 02. Mai 1987 Papst Johannes Paul II vor Ort war und komme gleich wieder zurück zu Kunst und Kultur.

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Zum andern rammte man nämlich 2002 das Kunstwerk „Totems“ des Künstlers Augustin Ibarrola in den Boden. 105 ausgediente, zwischen 1.50 bis 2.70 Meter hohe, Eisenbahnschwellen stehen sichelförmig angereiht über der Bergarena und einigen die „scheinbaren Gegensätze von Industrieraum und Natur“, sagt jedenfalls der baskische Maler und Bildhauer. Das Wort Totem stammt übrigens aus der Sprache der Algonkin, einem kanadischen Ureinwohnerstamm, und heißt übersetzt so viel wie: Verwandtschaft oder persönlicher Schutzgeist. Es entsteht eine mystisch-magische Verbindung zwischen Mensch und Tier, Pflanze oder Mineral. Auf jeden Fall ist es ein einzigartiges, farbenfrohes Schauspiel.

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Halde Haniel_Steel Menscchen

Halde Haniel_Läufer

Ganz außer Betrieb ist die Halde noch nicht. Der nördliche Teil wird noch von der Zeche Prosper-Haniel genutzt. Der letzte Dinosaurier seiner Art im Ruhrgebiet. Sie ist einzigartig. Aus einer Tiefe von 1.300 Metern wird noch Kohle gefördert. Am 21.12.2018 schließt das letzte, deutsche Steinkohlebergwerke „Prosper-Haniel“ in Bottrop, im tiefsten Pott. Und damit endet eine fast 700 Jahre alte Ruhrpott-Kohlen-Tradition. „Schicht im Schacht“. Die Schächte werde ausgeräumt oder wie der Kumpel sagt: „Rauben“.

Zeche Prosper2

Die Halde und alles drum herum ist und bleibt einzigartig großartig.

Halde Haniel Landschaft_2

Halde Haniel_2_Steele_weitblick

Halde Haniel_2_Steele_blau

 

Halde Haniel_2_Steele_weitblick_2

Halde Haniel Blick Radfahrer

Autor: rejekblog

Ich bin 1964 in Duisburg geboren und lebe fast die ganze Zeit im Ruhrpott. In meinem Blog möchte ich gerne etwas über den Ruhrpott erzählen und was hier so los ist. Und natürlich, was so in meinem Kopf los ist. Nicht viel, ich gebe es zu.

38 Kommentare zu “Einzigartig

  1. Nicht nur die Halde ist einzigartig! Einzigartig auch diesmal wieder Deine Fotos und die Beschreibung. Danke! 🙂

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  2. sehr schöne fotos. ich liebe diesen weiten und offenen blick. danke fürs zeigen.

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    • Hallo wolkenbeobachterin,
      ich freue mich sehr, dass dir meine Aufnahmen gefallen. Und ich habe dir zu danken für deine lieben Worte.
      Ein Blick in die Weite mag ich auch sehr. Und Gott sei Dank hat das Ruhrgebiet eine Menge Halden und die Gegend ist Flach wie eine Briefmarke. Dies erlaubt eine weite Fernsicht. Vielleicht magst du dir die Bilder vom vorigen Beitrag „Schublade“ von Halde Hoheward ansehen. Ebenfalls eine tolle Sicht.
      Herzliche Grüße, Peter

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  3. Wow!! DIE „heutige Weite“ von Bottrop kannte ich bisher noch nicht….bin überrascht…mal wieder:-)…..war als kleenes Dötzchen oft bei „Oppa und Omma“ in Bottrop-Ebel…..da war die Halde noch in Betrieb:-))) Tolle Aufnahmen mal wieder…“Totems“ gefällt mir mega!:-) Liebe Grüße Corinna

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    • Hallo Corinna,
      ich freue mich dich in deine Kindheit mit den Bildern und vielleicht auch Wort entführt zu haben. Heute bin ich mal etwas früher dran in der Hoffnung dich zum Lachen zu bringen und etwas abzulenken.
      Bottrop-Ebel finde ich einen tollen Stadtteil, weiß natürlich nicht wie er vor ein paar Jahren war. 🙂
      Die Totems sind geil. Einfach formuliert.
      Liebe Grüße, Peter

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  4. Danke für diesen herrlichen Beitrag! Ich lerne viel durch dich über das Ruhrgebiet. 😀

    Herzliche Grüße!
    Ingrid

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  5. Dankeschön. Wieder viel gelernt. Wieder tolle Bilder. Freundlich winkende Grüße in den Pott. 👋

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  6. Na siehst du? Wieder eine neue Erinnerung für die Schublade 🙂 Die Halde kenne ich noch nicht. Die sieht echt toll aus!

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  7. Hi HI! Das sind wirklich schöne Werke und du hast es natürlich auch sehr schön und eindrucksvoll eingefangen :)….danke für diese sher schöne präsentation hier! Finde die Bilder sind wirklich sehr schön anzusehen und sie lenken mich gerade auch sehr gut von meiner eigentlichen und lästigen aufgabe ab :O :D….ich muss nämlich ein wenig über orthopäde köln recherchieren….naja, ich mach dann mal weiter 😉 Bis bald, Nora

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  8. Hallo Peter, du konntest gar nicht Winnetou sein, das war ich schon immer 😀

    Aber ein gelungener Übergang von deiner Einzigartigkeit zur Einzigartigkeit der Halde. 🙂
    Ein „Abfallprodukt“ der Industrie mit Amphitheater, Kunstwerken und Nutzbarkeit.
    Sehr schöne Fotos, die zum Besuch anregen!
    Grüßli 🙂

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    • Hallo Oma Schlafmütze,
      🙂 Danke dir.
      Freut mich dass dir mein Beitrag gefällt und wer nun von uns beiden Winnetou ist, müssen wir halt noch ausdiskutieren. 🙂
      Dank für die lieben Worte.
      Herzliche und liebe Grüße, Peter

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  9. Und da gibt es echt so einen schicken Radweg rauf? 🤩💪🏼

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    • Hallo Anke,
      oh ja, habe allerdings nur den „schicken“ fotografiert. Wollte ein bisschen Angeben mit den Pott Radwegen. Nee, hier ist alles noch Natur. 🙂
      Freue mich von dir zu hören.
      Herzliche Grüße, Peter

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  10. Schicker Radweg ist gut….rauf muss man gut strampeln und runter macht dann richtig Spass…was so ein eingefleischter Mountainbike ist bin ich da auch schon lang getobt…und habe mich bergab in einer Kurve (Vorsicht..Geröll) zur Freude meiner Mitfahrer langgelegt….Wir hatten mal den Ehrgeiz alle noch vorhandenen Halden abzufahren…auch die wo man eigentlich nicht rein darf….bei einer in Dortmund Huckarde haben wir dann beim Pförtner vorne gefragt und natürlich ein Verbot kassiert…sind dann mit den Bikes über die alte Bahnstrecke in das Gebiet reingebrettert und nach 2 Stunden hochoffiziell durch das Pförtnertor wieder raus…der Arme dürfte dem Herzinfarkt nahegewesen sein als wir grüssend aus dem Gelände an ihm vorbei rausfuhren 🙂
    Schöne Berichte sind deine Haldengeschichten übrigens !
    Lieber Gruss, Jürgen

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    • Hallo Jürgen,
      Hut ab, bergrauf ist schon eine Nummer. Aber runter wäre mir mulmig. Sieht man ja so auf´m Bild nicht, hat aber schon eine ganz schöne Fallhöhe.
      Ich bin von dem kleinen Parkplatz (Kreuzweg) schnurgerade den kleine steilen Weg rauf gekraxelt. Zwei Meter rauf, ein Meter runtergerutscht. War keine so gute Idee 🙂
      Deine Story von der verbotenen Fahrt passt zu dir. Hätte gerne das Gesicht des Landschaftsparkwärters gesehen. Seit ihr noch pfeifend an ihm vorbei gehuscht?
      Danke dir. Ich freue mich über deine herzlichen Worte.
      Liebe Grüße, Peter

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  11. Wer bremst verliert 🙂 Ich Angsthase habe gebremst , hat aber auf dem Gerölle nichts genutzt…Fliehkraft + Schwerkraft und das Rad warf mich ab….seitdem weiss ich wie sich ein Rodeoreiter ohne Pferd fühlt…Rad war heile, ich nicht so ganz aber angesichts 5 lachender Mitbiker konnte ich mit keinem Mitgefühl rechnen…die Halden sind da ganz schön tükisch und runter zu fahren ist schwerer als raufzukommen…es gab übrigends mal eine Tour für Mountainbiker in einem stillgelegten Bergwerk , mit Führung und Stollenfahrt im Licht der Helmlampen…Als höfliche Mitmenschen haben wir mit den Armen gewinkt, der Wächter sass in seiner Bude, die Schranke zu, wir mussten auf dem Fussweg direkt an seiner Nase vorbei..und dann nichts wie weg bevor der Werkschutz kam (die Halde war noch in Betrieb und direkt mit einer Kokerei verbunden) Ich wünsche dir noch einen schönen Sonntag ! Lieber Gruss, Jürgen

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    • Hallo Jürgen,
      Es geht doch nichts über gute Freunde. 🙂 Wer den Schaden hat braucht da… Nun ganz so schlimm ist es ja nun nicht mit Freunden.
      Mountainbike ist nun nicht so meine Welt, war mir immer zu schnell im Gelände. Hatte immer das Gefühl das Rad macht was es will. Braucht man eine Menge Übung. Nach sechs Monaten wurde es dann auch noch geklaut. Nun fahre ich ein sehr olles Rennrad, komme halt ins gewisse Alter. Nee, Straße ist für mich besser.
      So eine Grubenfahrt wäre aber was. Klingt toll.
      Liebe Grüße, Peter

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