Jetzt gibt es viel Geschichte, mehr als viel Pott-Geschichte, aber mal so richtig viel und eine handvoll Bilder. Da der Besucher auf dem Gelände des jetzigen Nordsternparks in Gelsenkirchen reichlich Revier-Historie antrifft, Zeche Nordstern, Emscher, Rhein-Herne-Kanal, BuGa 97, das ganze Bücher füllen könnte, versuche ich es mal recht sprunghaft zu vertellen. Sonst findet die ganze Chose nie ein Ende. Und wir sitzen morgen noch hier.
Ich könnte jetzt einfach mal behaupten die ganze Sache begann aus einer Bierlaune heraus, das ist allerdings nicht verbrieft. Da nämlich ein Gastwirt mit Namen Wilhelm Bockamp und der Kaufmann Theodor Wagner den Grundstein für die Zeche Nordstern legten. 1855 stießen sie in der Horster Mark, ein Gebiet im heutigen Gelsenkirchen-Horst, bei Probebohrungen auf Kohle und „beantragten“ darauf hin eine Mutung. Naja, etwas eigenwillig formuliert, da eine Muthung, Mutung eigentlich altdeutsch schon so was wie „etwas haben wollen“ beinhaltet. Die Beiden wollten also einen Bewilligung von einer Bergbaubehörde zur Genehmigung zum Bergbau haben. Was sie auch bekamen und ihr Feld „Blücher 1-5“ nannten. Aber den beiden Pionieren war das Glück nicht holt, ständige Wassereinbrüche in dem gerade mal 90 Meter tiefen Schacht erschwerte ihr Leben. So dass sie 1865 sämtliche Aktien an die Unternehmer Grillo und Stinnes verkauften. Die dann die Anlage in „Nordstern“ umtauften, da diese zu jener Zeit die nördlichste „Zeche“ im Pott war. Sie wurden den Wasserproblemen Herr und nahmen 1866 die Abteufarbeiten, Schachtausgrabungen, wieder auf. 1867 folgte die Errichtung der Tagesanlage und 1868 wurde die Förderung der Steinkohle aufgenommen. 1913 arbeiteten bereits 4.700 Bergleute, die 1.2 Millionen Tonnen Kohle ans Tageslicht holten, auf der Zeche Nordstern. Eine Erfolgsgeschichte nahm seinen Lauf. Mit einer kurzen Unterbrechung. Im Jahr 1925 mussten die Schächte wegen Absatzmangel stillgelegt werden.
Um ein Jahr später in einem „neuen Gewand“ wieder die Pforten zu öffnen. Nach Plänen der Architektengemeinschaft Fritz Schupp & Martin Kremmer, die bereits die Zeche Zollverein in Essen, nach den „Gedanken“ von Walter Gropius im Bauhausstil entworfen haben. In den 1950er Jahren wurden die alten Zechengebäude nochmals modernisiert, wieder nach den Plänen von Fritz Schupp. Nur so als Einschub. Die Beiden haben 69 Industrieanlagen entworfen, wobei zwei davon einen Eintrag in die Liste des UNESCO Weltkulturerbes geschafft haben, Zeche Zollverein und das Erzbergwerk in Rammelsberg in Goslar. Damit sind die Zwei die einzigen deutschen Architekten, die dies von sich behaupten könnten, wenn sie noch Leben würden.
Genug mit Einschüben, sonst kommen wir ja nie in die Pötte. In den 1960er Jahren begann die Kohlekrise. Am 11. Februar 1993 wurde die letzte Kohle aus dem Flöz Laura der Zeche Nordstern gefördert. Ab jetzt war Schicht im Schacht. Aus alt mach neu. Der Nordsternpark entstand.
Der „Nordsternpark“ in Gelsenkirchen verdankt, ich sage es mal vereinfacht, seinen Namen der Bundesgartenschau 1997 (BuGa ’97). Diese fand auf dem ehemaligen Zechengelände Nordstern im Rahmen der „IBA Emscher Park“ statt. Wichtige Bestandteile der Bundesgartenschau waren die noch bestehenden Zechenanlagen. Die Planer um den Marler Landschaftsarchitekten Professor Wedig Pridik bezogen die historischen Gebäude aus den 1920/50er Jahren in die Gestaltung mit ein. Ein weiteres Ziel der BuGa ’97 war es, die, durch die Zeche, zerstörte Landschaft für Mensch und Natur wieder nutzbar zu machen. Nachdem 1993 der letzte Förderwagen Nordstern I/II verlassen hatte, begannen die Umbauarbeiten auf dem ca. 100 Hektar großem Gelände. Eines der Wahrzeichen des Naherholungsgebiets ist die 1996 eingeweihte, 36 Meter hohe und fast 100 Meter lange Doppelbogen-Hängebrücke. Das Bauwerk mit seinen zwei asymmetrischen, aber parallelen, roten Hauptbögen liegt „schräg“ über dem Rhein-Herne-Kanal.
Eine weitere Hängebrücke mit einem rotem Hauptbogen und 40 Meter Spannweite führt über das „Flüsschen“ Emscher. Näschen zuhalten, aber darüber erzähl ich gleich mehr.
Der 1952 durch den Architekten Fritz Schupp errichtete Nordsternturm für Schacht II hat eine innen liegende Förderanlage. Schachtanlage I ist der Klassiker unter den Fördertürmen, rot und nackt steht er davor.
Auf der 83 Meter hohen Aussichtsplattform, hat der Besuchern einen beeindruckenden Ausblick über das Ruhrgebiet und auf das gewaltige, blaue/weiße S04-farbige Hinterteil der Statue „Herkules“. Diesen Ausblick und Einblick habe ich mir allerdings geschenkt. Die 18 Meter hohe und 23 Tonnen schwere Monumentalplastik stammt von dem Bildhauer Markus Lüpertz. Aus seiner ganz eigenen, persönlichen Sicht kündet sie von dem Mut und der Tatkraft der Menschen im Ruhrgebiet, die den strukturellen Wandel annehmen und bewältigen. So sieht halt ein Künstler den Ruhri, der das Werk einfach „Horst“ taufte. Genug gedacht, gelacht.
Eine weitere Besonderheit des Parks ist die am Rhein-Herne-Kanal gelegene weiß „bezeltete“ Freilichtbühne (Amphitheater Gelsenkirchen). In der Parkanlage steht noch der alte Kohlebunker und das Förderband, ein Überbleibsel der Kokerei. Die rechteckigen Bäume und Sträucher symbolisieren die ehemalige Gleisanlage und Güterzüge.
Der größte Teil der Parkanlage liegt auf der sogenannten Emscherinsel, so bezeichnet man den schmalen Landstrich zwischen dem „Revier-Strom“ Emscher und dem Rhein-Herne-Kanal, die über viele etliche Kilometer parallel zueinander laufen. Einige wenige Ruhrgebietler nennen die Emscher auch Fluss, die in Holzwickede bei Dortmund in der Nähe des Bauernhauses Emscherquellhof entspringt, um dann ca. 80 Kilometer, über Gelsenkirchen, Essen, Oberhausen, weiter in Dinslaken in Vadda Rhein zu münden. Ingenieure nennen sie auch gerne „offener Schmutzwasserlauf“ und der Pottler sagt es geradeaus: „Köttelbecke“.
Achja, die Emscher. Ein Schnelldurchlauf. Irgendwann widmen wir uns mal einen ganzen Tag der Köttelbecke, denn sie gehört zum Ruhrgebiet wie Bier, Curry-Wurst und Fußball.
1899 wurde den Stadtoberhäuptern klar, dass es mit den Abwässern der extrem schnell wachsenden, einstigen Bauerndörfern so nicht weiter geht. Damals verfuhr man nach der Devise – der Dreck muss weg – und so flogen zum Teil die Inhalte der Nachttöpfe direkt aus´m Fenster auf die Straße. Wenn man Glück hatte, wurde man durch einen Ruf vorgewarnt. An guten Tagen. Ok, ganz so schlimm war es nun auch nicht. Aber in Dortmund-Hörde zum Beispiel, jetzt ohne Schei…, gab es eine klösterliche Brauerei und die Mönche zogen an manchen Nächten durchs Dorf und verkündeten lautstark, dass morgen wieder gebraut wird. Und da alle Abwässer ungeklärt in den Hörder-Bach flossen, der aber gleichzeitig auch Lieferant des Brauwassers war, verkniffen sich die Hörder mal ganz gewaltig jede Art von Geschäft. Man muss halt Prioritäten setzten. Ohne Bier geht gar nichts. Und da sind wir schon beim Bergmann…
Da der Bergmann unten „auf Teufel komm raus“ grub und oben die Erde langsam aber sicher in sich zusammensackte, denn Teile von Dortmund liegen heute bis zu 20 Meter tiefer als vor hundert Jahren, waren sich alle Stadt-Beteiligten einig, Kanäle kommen nicht in Frage. So begradigte man den kleinen Fluss Emscher und „bekleidete und verkleidete“ sie mit Beton-Sohlschalen, und schickte nun das Abwasser quer durch´n Pott. Der Kasus knacktus: An manchen, heißen Tagen stinkt es gewaltig. Der Duft der großen, weiten Welt. Heute, ohne Bergbau, lassen die Bergsenkungen nach und es wird zurzeit ein unterirdischer Kanal von Dortmund bis zum Rhein getrieben. Die Emscher wird wieder reorganisiert, reanimiert und renaturiert.
Aber die Bergsenkungsmulden von einst bleiben, die gerne voll Grundwasser laufen würden, wenn nicht über zweihundert Pumpwerke dies Stund um Stund zu verhindern wüssten und das Wasser in die Schiffskanäle, Bäche abpumpen würden. Wie das blaue Pumpwerk auf dem Zechengelände Nordstern. Die blaue Glasverkleidung aus dem Jahr 1997 stammt übrigens von dem Düsseldorfer Künstler Jürgen „LIT“ Fischer. Überhaupt sind einige Pumpwerke wahre Schmuckstücke.
Und warum nun das Schild? Achja, ein bissle Stolz muss sein. Altes Logo, Design, Fotos ,Text und viele Schilder und mehr stammen von Maja, Janine, Sabine und mir. Wat für ne herrliche Zeit.
25. Juli 2018 um 19:25
Tolle Bilder UND wieder viel gelernt. Dankeschön!
Freundlich winkende Grüße in den Pott.
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25. Juli 2018 um 20:47
Vielen Dank! Ich bilde Sie noch zu einem Pott Scout aus. 🙂
Liebe Grüße, Peter
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25. Juli 2018 um 19:27
Den Pott sollte ich wirklich mal besuchen. Tolle Bilder, schöner Bericht! LG sk
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25. Juli 2018 um 20:49
Ich freue mich. Vielen Dank. Das Ruhrgebiet ist zwar kein Traumland, aber eine Reise wert.
Herzliche Grüße, Peter
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25. Juli 2018 um 20:59
Da bin ich sicher. Übrigens mit dem Blog über den Gasometer hast du mich angepitscht, da muss ich hin und auch zur Zeche Zollverein. Danke für deine Inspiration.
LG Gabi
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25. Juli 2018 um 22:08
Ich habe zu danken. Das ist mal ein riesigen Kompliment. Danke
Liebe Grüße, Peter
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25. Juli 2018 um 19:32
Über dei rote Brücke bin ich auf der Industriekulturroute auch schon geradelt. ich mag das da! Toller Bericht 🙂
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25. Juli 2018 um 22:11
Vielen Dank für die tollen Worte. Ich freue mich.
Und jap, es ist wirklich recht hübsch dort. Schon komisch etwas hübsch zu bezeichnen, obwohl die Emscher dort durchfließt. Mir gefällt der Park ebenfalls sehr.
Herzliche Grüße ins ultra-schöne Sauerland
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25. Juli 2018 um 19:42
Möööönsch, das ist ja beinahe ein Doktorarbeit!
Klasse!
Der kinderbastel-pappmaschee-artig verkrüppelte blaue Horst des überschätzten „Malerfürsten“ Lüpertz da oben ist mir ein richtiger Dorn im Auge – eine solche Veralberung haben die Bergleute nicht verdient.
Lieben Gruß!
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25. Juli 2018 um 20:52
Ay Lo,
Jap, dat Teil ist wirklich hässlich und hat nichts mit dem Pott zu tun. Das sich Duisburg auch noch überreden ließ, so ein Kopp an die Ruhrmündung, Poseidon, aufzustellen ist hart.
Liebe Grüße, Peter
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25. Juli 2018 um 20:00
Wenn man die Zeche so sieht, im Sonnenschein, sieht sie noch richtig neu aus, als wäre sie noch in Betrieb.
Ohne den gut informierenden Text wüßte ich nicht was dort alles passiert ist. Herzliche Grüsse
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25. Juli 2018 um 22:15
Vielen lieben Dank! Die komplette Anlage wird gehegt und gepflegt. Sogar bei dem heißen Wetter gossen überall die Gärtner die Pflanzen. Und überall standen Baumaschinen herum um die Gebäude instand zu halten.
Liebe Grüße, Peter
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25. Juli 2018 um 20:23
Nee, watt schön:-)) und wieder sehr informativ…klasse!! Liebe Grüße Corinna
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25. Juli 2018 um 22:16
Heimweh?
Liebe Grüße, Peter
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27. Juli 2018 um 21:12
manchmal:-))
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25. Juli 2018 um 21:06
Mit dem Bier… Das kenne ich auch aus Goslar.
In Goslar wird ein Bier gebraut,
das Wasser aus der Gose,
wenn Du denkst, Du hasts im Bauch,
dann ist es in der Hose…
Toller Bericht, danke dafür!!
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25. Juli 2018 um 22:17
Ich habe zu danken! Tja, da wo Bier gebraut wird gibt´s die selben Probleme. 🙂 Kann mal in die Hose gehen.
Herzliche Grüße
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27. Juli 2018 um 8:47
Yeah Köttelbecke, mein Herzensprojekt 😀
Insgesamt sehr schöne Bilder 🙂
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27. Juli 2018 um 17:47
Danke! Ich freue mich sehr, dass sie dir gefallen. Köttelbecke. Du hast ja mal darüber erzählt, dass du gerne alle Bäche im heutigen Zustand ablichten möchtest. Eine verdammt gewaltig große Aufgabe. Hoffe du lässt uns an deine Fotos teilhaben. Wird bestimmt klasse. Müssen ja nicht alle sein. Eine schöne Idee.
Liebe Grüße, Peter
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28. Juli 2018 um 19:25
Ich halt mich ran 🙂
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28. Juli 2018 um 21:15
Nix überstürzen, der Umbau ist ja ein Generationen-Projekt.
Herzliche Grüße
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29. Juli 2018 um 16:55
Oh da muss man sich schon beeilen. Die Boye ist schon sauber und an vielen Stellen wird gebaut. Aber seit 2015 hab ich schon ein paar festgehalten 🙂
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29. Juli 2018 um 20:02
Oh, danke. An der Boye war ich schon 4-5 Jahre nicht mehr.
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30. Juli 2018 um 14:29
Da wird ganz fleißig gewerkelt und schon am neuen Bett gearbeitet.
Grüßle 🙂
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30. Juli 2018 um 14:45
Danke, sollte ich mir mal ansehen.War mal beruflich am Vorthbach, Zufluss der Boye, die war schon umgestaltet. Klar Deininghauser bach, Dellwiger, Emscher in Dortmund Hörde und Hörder Bach sind auch fertig Schondelle im Rombergpark, gut nie Köttelbekcke aber „eisenocker“ Wasser. Nettelbach? Marbach etc. Gibt noch viel zu entdecken. Aber dat weißte ja, erzähl ich dir nichts neues.
liebe Grüße
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