Jetzt gibt’s viel Technik und für mich ganz persönlich ein bisschen… Ach, ja….
Nun. Ist schon eine Weile her, da bat man mich beim Aufbau des Gasometers in Oberhausen mit Hand anzulegen. Nee, nicht 1927 bei der Fertigstellung der „Tonne“. So alt bin ich nun auch nicht, auch wenn man es mir nicht ansieht. Nein. Muss so 1993 gewesen sein. Da durfte ich schrauben, bohren und Regale aufbauen für die erste kleine Bücherei. Die damals noch an einem anderen Fleck stand und nicht mal halb so schön, schick, stilvoll aussah wie die heutige Bücherhalle. An die Olle muss ich aber immer, ich gebe es zu mit einem kleinen, weinenden Auge denken, wenn ich den grau-schwarzen Riesen sehe.
So wie vor ein paar Tagen, als ich mir die Ausstellung „Der Berg ruft“ ansah. Suchte ich zuerst nach meinen Bohrlöchern und Nieten. Sind natürlich nicht mehr da in diesem alten Gaskessel, der mit seinen gut und gerne 117 Meter Höhe und einem Durchmesser von schlappen 68 Metern der größte Scheibengasbehälter in Europa war. Er wurde 1988 stillgelegt.
Jetzt wird sich jeder fragen: Was ist den nun ein Scheibengasbehälter? Super. Danke. Das habe ich gehofft… Da stellen wir uns mal ganz…
So vorweg. Die hohe Rundform der Speicherbehälter geht eigentlich auf den Engländer William Hasledine Pepys 1802 zurück. Sie kamen/kommen überall dort zum Einsatz wo man entweder Gas benötigte oder speichern wollte wie in Gaswerken, Kokereien und Eisenhütten. Die ersten Behälter waren sogenannte Teleskopbehälter mit einem recht kleinen Fassungsvermögen, bis 150.000 Kubikmeter. Karl Jagschitz, von der Augsburger Firma MAN, entwickelte um 1915 dann den ersten Scheibengasbehälter.
Jetzt bekomme ich mit größter Wahrscheinlichkeit von allen Scheibengasbehälter-Enthusiasten einen auf die Scheibe bzw. Deckel. Ganz einfach und vermutlich grob fahrlässig erklärt, befindet sich in dem Gasbehälter eine dicke, ultrafette Scheibe, die von der Decke herabhängt und wie ein Aufzug hoch und runter fahren kann. Nur hat sie genau den Innen-Durchmesser des Behälters, damit sie wie eine Gummi-Muffe alles ordentlich abdichtet. Naja gut, ein oder zwei weitere Bauelemente gehören noch dazu. Aber die schenke ich mir jetzt und sach mal: Die Sache ist dicht. Da nun Gas leichter als Luft ist, hat es den natürlichen Hang nach oben zu streben. Damit es aber auf´m Boden der Tatsachen bleibt, drückt die „Dichtungsscheibe“ das Gas nach unten. Ist mehr Gas in dem Kessel fährt die Scheibe hoch, weniger runter. Dadurch soll der Druck des Gases so um die 23 bar bleiben, damit dieser in Leitungen und auf Reisen gepresst und geschickt werden kann. Diese Konstruktion konnte ein Fassungsvermögen bis zu 600.000 Kubikmeter erreichen. Die Oberhausener hat 347.000 Kubikmeter, nur so. Vielleicht wird ja doch noch der ein oder andere von euch Scheibengas-Liebhaber.
Wie ich schon gerade erzählte, ging der Behälter 1988 in den Ruhestand. Bereits 1993 bekam die Anlage für die gewaltige IBA Emscher Park „Veranstaltung“, zu der komme ich ein anderes Mal, denn sie hat für den Pott eine verdammt hohe Bedeutung, eine neue Aufgabe: Sie wurde umgebaut und gilt seitdem als Europas höchste Ausstellungshalle. Dabei wurde die ehemalige Gasdruckscheibe auf einer Höhe von 4,57 Metern Zwischenstützen fixiert und dient nun als Ausstellungsfläche, in deren Mitte eine Bühne mit 20 Metern Durchmesser und einer Tribüne mit 500 Sitzplätzen errichtet wurde. Das Gasometerdach ist nun eine Besichtigungsplattform, die der Besucher über eine 592 Stufen-Treppe zu Fuß erreichen kann. Oder wie ich, einfach den Aufzug nimmt.
Da stehe ich meist nach der Veranstaltung oben auf der Plattform, schaue versunken in meinen Erinnerungen auf den Pott. Auf Halde Prosper-Haniel, Emscherschnellweg, Emscher und den Rhein-Herne-Kanal und denke an vergangene Momente. So wie letztens suchte ich von hoch oben einen ganz bestimmten Ort…
Ich mag Oberhausen. Nicht nur, weil hier die Wiege der Ruhrindustrie liegt, denn in Oberhausen entstand 1758 die erste Hütte im Pott: Die Eisenhütte St. Antony. Nein, für mich sind es die ganz besonderen, kleinen Momente und Erinnerungen.
Lang her. Verdammt. Muss so um 1992 gewesen sein. Arbeitete damals für einen Zeitungsverlag. So richtig mit und auf Papier, das man morgens vor der Maloche in seinem Briefkasten fand. War für die Produktion zuständig. Verbrachte meine Nächte bis 3.00 Uhr in einer Druckerei. Lauschte dem Rattern der riesigen Druckmaschinen, roch an der frischen Farbe auf dem dünnen Zeitungspapier. Liebte den Augenblick. Genoss den Moment. Fuhr meist danach von Recklinghausen nach Oberhausen. Manchmal über verschneite Straßen, manchmal sah ich morgens die Sonne aufgehen. Stand um 4.00 Uhr vor einer gläsernen Tür und wartete geduldig mit all den anderen Nachtgestalten: Polizisten, Taxifahrer, Auslieferungsfahrer aller Art. Shell-Tankstelle. Zwei rundlichen Damen im Kittel vom Tanke-Grill brieten ganz frisch auf so einer kleinen „Zwei-Mann Kochplatte“ Schnitzel. Handmade gekloppt. So reihte ich mich in die Schlange ein. Zuerst vor der Tür, dann in der Tanke am Schalter. Und jeder freute sich, und ich mich auf meine zwei heißen „Panierten-Schnitzel-Brötchen“ mit reichlich tropfendem, Hemd versauendem Ketchup und dazu miesen Kaffee.
Draußen stand man, schwafelte, schwadronierte und schwätze über die wichtigen Dinge des Lebens. Schalke, BVB RWO. Man hatte Zeit. Gemeinschaft. Dank Schnitzelbrötchen.
15. Juli 2018 um 9:59
Sehr informativ … Danke !
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15. Juli 2018 um 10:42
Ich habe zu danken! Freu mich.
Herzliche Grüße aus´m Pott
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15. Juli 2018 um 10:20
Danke für den tollen Bericht. Zum Gasometer will ich auch noch unbedingt. „Der Berg ruft“ mich 😉
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15. Juli 2018 um 10:46
Dankeschön. Ich kann die Ausstellung nur wärmstens empfehlen. Tolle Bilder und überhaupt. Da möchte man sich danach eine Kletterausrüstung kaufen. 🙂 .
Dank.
Liebe Grüße aus´m Pott
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15. Juli 2018 um 10:47
Bin schon sehr gespannt und habe bisher nur Gutes gehört.
Schönen Sonntag sk
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15. Juli 2018 um 16:23
Vielen Dank für die tolle Erklärung. Jetzt weiß auch ich was ein Scheibengasbehälter ist. Ich bin zwar nicht blond, aber manchmal schaue ich doch ziemlich blond aus, habe es dank Deiner Erläuterung gut verstanden.
Herzliche Grüsse und guten Appetit beim Schnitzelbrötchen.
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15. Juli 2018 um 17:57
Danke dir! Da kommt doch manchmal der Bursche, der vor einer Ewigkeit für ganz kleine Blagens Schulmaterial machte, hervor. Und jap, Schnitzelbrötchen zählen heute noch zu meinen Leibspeisen.
Liebe Grüße, Peter
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15. Juli 2018 um 16:23
Na, das ist ja ein schöner Zufall:
noch vor einer guten Stunde stand ich nach dem Genuss der „Der-Berg-ruft-Ausstellung“ hoch oben auf unserem Gasometer. In der Tat: die Ausstellung ist so gut gemacht, dass man den Besuch nur empfehlen kann. Allein die Installation des auf dem Kopf hängenden Bergmassivs mit den Projektionen darauf ist zum Staunen. Die großformatigen Bilder mit ihren Beschreibungen sowieso.
Lieben Dank für Deinen wirklich tollen Bericht!
Lo
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15. Juli 2018 um 17:59
Danke! Und ich freue mich, dass dir die Ausstellung auch so gut gefallen hat. Ich finde sie wirklich sensationell. Und ich habe bereits einige in der Tonne gesehen.
Liebe Grüße, Peter
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16. Juli 2018 um 0:38
Es ist ein wirklich gelungener Bericht, schön gemixt Wissenswertes, Aktuelles und alte Erinnerungen. Am Ort selbst war ich noch nicht, obgleich mich Industriedenkmäler durchaus interessieren.
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16. Juli 2018 um 7:58
Vielen, vielen Dank für die tollen, lobenden Worte. Hat mich unglaublich gefreut. Und, von Köln-Südstadt nach´n Pott ist nicht weit.
Herzliche Grüße aus´m Pott
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16. Juli 2018 um 12:39
Wie immer…super geschrieben und wieder was gelernt:-)) Liebe Grüße Corinna
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16. Juli 2018 um 16:45
Freu mich von dir zu hören. Und danke. Gebe mein Bestes. 🙂 Hoffe es geht dir gut.
Liebe Grüße, Peter
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17. Juli 2018 um 17:11
Liebe Grüße zurück…ja, es geht mir gut , ich war ein paar Tage verreist in einer Familienangelegenheit:-)) ich war ganz in Deiner Nähe, aber hatte wirklich keine Zeit, um einen Sprung rumzukommen nach Duisburg:-)) sonst hätte ich was gesagt:-)) Liebe Grüße Corinna
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17. Juli 2018 um 19:26
Grummel, Grummel 🙂
Na, du hast doch bestimmt was besseres zu tun als mich zu besuchen, wenne schon mal im Pott bist. Und klar hoffe ich, du hattest viel Spaß.
Liebe Grüße, Peter
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18. Juli 2018 um 10:47
Ich hätte gerne noch ein paar Wochen drangehängt:-)) und dann wär ich auch bei Dir vorbeigekommen:-)) Glaub ma:-)) Liebe Grüße Corinna
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18. Juli 2018 um 16:07
Natürlich glaube ich das. Nein, ich weiß, dass du mich besucht hättest.
Und ich freue mich, dass es dir gut gefallen hat deine Tage zu „Hause“.
Liebe Grüße, Peter
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16. Juli 2018 um 23:06
Die Druckmaschinenschnitzelnostalgie kenn ich – Frühschicht in der Klapse, 4 Uhr aufstehen und in Stille und mit Sonne im Rücken (stand die Klinik wirklich im Westen???…) in einem alten Opel mit 4-Ganggetriebe in den aufgehenden Tag hinein und – wie so oft in die Stationsschwester gerannt und an ihren stacheligen Beinen hängengeblieben. Betten putzen! Damals noch mit einer Zahnbürste… … … Da hätt ich gern ein Schnitzel gehabt. Wobei – im Nachbarhaus waren ja die ganz Bekloppten… 🙂 Grüße ins Flachland
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17. Juli 2018 um 9:49
Man kann den Morgen mit appetitlichen Sachen wie Schnitzelbrötchen oder unappetitlichen Dingen wie stacheligen Beinen beginnen. Eins haben sie gemeinsam, sie bleiben in unserem Köpfchen hängen. Tja. Ich habe eindeutig dir gegenüber ein Vorteil, bei meinen Erinnerungen läuft mir noch heute das Wasser im Mund zusammen. Ist auch gut so, denn wenn andersrum sollte ich ins Nachbarhaus.
Liebe Grüße
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17. Juli 2018 um 1:23
Sehr informativ, danke! Ich habe mich immer schon gefragt, ob man in einem Gasometer tatsächlich Gas hortet – es erschien mir trotz des großen Gebäudes immer viel zu wenig für die angrenzende große Stadt, das muß doch im nu leer sein, wenn alle ihre Gasheizungen aufdrehen … aber gut, wie z.B. Strom funktioniert, verstehe ich auch nicht richtig.;-)
Gut geschrieben, Deine Erinnerungen an Deine Morgenschnitzelzeit, die Stimmung kommt gut rüber und erinnert mich an meinen Job als Nachtwächter, den ich ’94 bei EMI in Braunsfeld hatte. Morgens um sechs kam ich mit meinem Fahrrad auf dem Weg nach Deutz am Neumarkt vorbei, aus dessen U-Bahnuntergrund mir der verführerische Duft von frisch gebackenen Croissants entgegenwehte. Manchmal stellte ich mein Rad ab und holte mir eins, aß es an Ort und Stelle und beobachtete dabei die Leute, die zu ihren Arbeitsstellen hasteten, während ich Feierabend hatte.
Über Oberhausen habe ich vor neun Jahren mal zwei Einträge gebloggt, vielleicht interessiert es Dich:
https://koelnfotos.com/tag/oberhausen/
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17. Juli 2018 um 10:02
Ich danke dir. Eigentlich sind solche Gasometer nur so eine Art Zwischenspeicher.
Warme Croissants! Jetzt werde ich ganz närrisch. Verdammt eine höllisch leckere Erfindung. Ich bewundere deine Zurückhaltung; nur eins.
Danke für dein Link und deine zwei tollen Oberhausen Beiträge. Stimmt, wenn man kein Bezug zu der platten Pott-Landschaft hat, ist der Ausblick vom Gasometer doch recht ernüchternd langweilig. Ich sehe es natürlich mit meinen Augen :-). Betriebsblind. Und, das CentrO hat nun einen Supermarkt. Macht den Tempel aber auch nicht besser.
Liebe Grüße aus´m Pott
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21. Juli 2018 um 11:05
Hallo Peter,
ein sehr schöner Bericht…ich war auch schon ein paar Mal dort, drinnen wie draussen….das letzte mal mit meinem Sohn , und als wir auf den Koloss zufuhren war der richtig aufgedreht…der Begriff Gasometer sagte ihm nichts, wie auch, es gibt ja keine mehr…und in seiner Phantasie war das Ding Teil einer Raumlandemission Star Wars mässiger Ausserirdischer …darauf ein frische Schnitzelbrötchen 🙂
LG Jürgen
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22. Juli 2018 um 9:42
Kindermund tut Wahrheit kund. Ich habe mir schon immer gedacht, dass die ganze Sache mit dem Gas und nicht stimmt. Landeplattform für Außerirdische macht Sinn. Das mit dem Gas ist nichts anderes als eine abgekaterte Sache von der CIA. Ich sach´s doch immer, aber nie hört mir einer zu.
Liebe Grüße, Peter
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22. Juli 2018 um 10:31
🙂 Vergiss den KGB nicht, und den Mossad, bleibt noch der Mi6 und wenn das nicht hilft die Schlapphüte vom BND…die treffen sich alle dadrin zum Kaffeeklatsch, natürlich heimlich, nachts, wenn ordentliche Staatsbürger in den Betten liegen…dann lachen sie sich schlapp das ihre Unsinnsgeschichten mit Steuergeldern bezahlt werden und der ganze Turm wackelt…kann aber nicht umkippen…zuviel Faulgas innendrin…
Lieber Gruss, Jürgen
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22. Juli 2018 um 11:10
CIA, KGB, Mossad oder die ollen Briten kann ich verstehen. Die reißen die Weltherrschaft an sich und machen Hand in Hand gemeinsame Sache mit riesen Weltraum-Eidechsen, da kann uns selbst Dr. Who, Mulder und Scully nicht mehr aus der Patsche helfen. Habe ich erst neulich auf einem ganz geheimen, vertraulichen Blog im Darknet gelesen. Aber der BND? Die sitzen wohl im Gasometer recht vereinsamt am Kindertisch. Und bekommen dort den Kinderteller: kleines Schnitzel mit ein paar Fritten.
Liebe Grüße, Peter
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16. September 2018 um 5:18
Ein paar Kilometer entfernt vom Gasometer ist doch diese herrliche Brücke, die aus einer unendlichen Spirale besteht. Dort war ich mit Lucie und von dort habe ich auch wunderschöne Fotos. Ich finde das Ruhrgebiet wirklich schön, nicht nur, weil mein „Millionärscousin“ in Bochum wohnt.
Guten Morgen!
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