Es gibt Geschichten, die sollten irgendwann zu Ende erzählt werden. Man weiß aber nie so genau wann. Wann ist der richtige Zeitpunkt. Wann ist sie zu Ende. Wie meine Geschichte von dem Mädchen aus der „Oper“, sie war noch nicht zu Ende, sie ging weiter, später. Fand ihre Fortsetzung. Und nun ihren Schluss. Grade.
Sie war meine erste große Liebe. Jetzt in der schneebedeckten Winterlandschaft kreisen manchmal meine Gedanken um sie. Wie sie auf mir saß, mich in den Schnee drückte, mein Gesicht mit dem weißen Pulver einrieb, unter ihrem lautem Quietschen und Lachen. Und die ganze Szene eingefärbt in dem orangen-gelben Licht der Straßenlaterne in dem kleinen Dorf. Sie sich so weit zu mir runter beugte, dass sich fast unsere Nasenspitzen berührten und ich mich nur hätte leicht aufrichten müssen um sie küssen zu können. Aber ich ließ es.
Wie ich sie jeden Samstag mit meinem ollen Käfer nach Hause fuhr, um sie Sonntagnachmittags wieder abzuholen. Mir ihre Mutter in der kleinen Küche Kuchen reichte, aus Dank. Jeden Samstag. Sonntags zurück. Eine Stunde Fahrt, meist schweigend, dann standen wir wieder vor den Toren des Internats.
Dann war es vorbei. Sie kam nicht mehr.
Viele Jahre später, vielleicht aus Nostalgie, vielleicht ….. Stand ich vor ihrem Haus, blieb im Wagen, starrte auf die Haustür. Ihre Mutter kam, sprach mich an. Smalltalk. Zum Ende hin meinte sie; „Du warst die Liebe ihres Lebens. Sie sprach nur von dir. Jeden Sonntag stand sie am Küchenfenster, schaute, wartete, wann kommst du den Weg.“ Ich, leise: „Meine auch.“ „Ich weiß.“, hörte ich. „Man sah es dir an, Warum hast du nie was gesagt?“ „Angst! Das wenige zu verlieren…“
Ich sah sie nie wieder.
Und jetzt. Heute. Essen. Auf dem großen Vorplatz des Limbecker Einkaufszentrums. Menschen allerorts, laufen auf und ab, stehen, reden, schauen. Da sah ich sie, das wunderhübsche Mädchen, die nun eine wunderhübsche Frau ist. Als hätte die Zeit ihr nicht anhaben können, mit ihren langen schwarzen Haaren und ihren funkelnden Augen. Sie sah mich an, strahlte, kein Porträt dieser Welt konnte sich in diesem Moment mit ihr messen. Ich sah all die kleinen Lachfältchen um ihre Augen, um ihre Mundwinkeln. Ich sah ihre großen, braunen, glänzenden Augen. Ich sah, sie hat ein glückliches Leben. Wir redeten und bevor wir uns trennten: „Du hast mit meiner Mutter gesprochen.“ „Ja, lang her.“ „Sie hat dir alles erzählt.“ hörte ich sie sagen. „… und sie wohl alles von mir.“
Wir schauten und schwiegen. Es bleibt die Erinnerung.
Sie nahm meine Hand. Streichelte zart mit ihrem Daumen über meinen Handrücken. „Ich muss gehen, mein Mann wartet.“ Und fügte leise hinzu: „Du bist und bleibst immer ein Teil von mir.“
Ich schaute ihr nach, hoffte sie würde sich noch mal umdrehen. Für ein kurzen, flüchtigen Moment blickten wir uns noch mal an. Dachte leise: Und… du bist und bleibst immer ein Teil von mir.
Ich freute mich. Mir geht es gut!
3. Januar 2018 um 15:19
Wunderschön geschrieben.
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4. Januar 2018 um 0:33
Danke! Danke an alle! Ich freue mich sehr darüber!
Herzliche Grüße aus´m Pott
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3. Januar 2018 um 18:12
Manchmal gibt es auch Geschichten, die sind beendet, bevor es begonnen hat ? Trotzdem
eine sehr schöne Erinnerung.
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4. Januar 2018 um 0:35
Eigentlich meistens , aber ich hatte irgendwie Glück. So bleibt es eine Erinnerung.
Ich danke dir und freue mich von dir zu hören.
Herzliche Grüße
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5. Januar 2018 um 10:24
wie schön, seufz 🙂
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5. Januar 2018 um 14:56
Danke! Jetzt im nach hinein schon 🙂
Nun, ich denke jeder von uns hatte oder hat so einen heimlichen Verehrer. Blöd nur, wenn man es selber ist.
Herzliche Grüße
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5. Januar 2018 um 15:52
Schnief, ein Taschentuch, ach ne , ne ganze Packung…tolle Geschichte…kann ich leider so nicht erleben weil wenn ich vor ihrer Tür stehe gibts Prügel vom Ehemann…..
Grüsse von Jürgen
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5. Januar 2018 um 19:14
Danke!! Schade, die Sache mit dem Ehemann.
Liebe Grüße
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5. Januar 2018 um 19:18
Sollte so sein…ein mal habe ich schon Prügel bezogen…manchmal schreibt das Leben die besseren Romane…wie in deiner Geschichte !
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5. Januar 2018 um 19:27
Auf jeden Fall ist das so. Aber immer hin bin ich nicht mit einem blauen Auge weggekommen.
Deine Story würde ich echt gerne hören. Naja,..
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17. November 2018 um 18:39
sehr berührend … mir kamen beim Lesen der Zeilen Erinnerungen an die Liebe meines Lebens … und auch bei uns wollte es nicht sein … aber ich trage sie immer mit mir und bei mir … und in solchen Momenten betrachte ich diese Erinnerungen liebevoll und freue mich daran … und am Leben … so intensiv kann es sein … danke dass du mir wieder einen dieser Momente geschenkt hast … Robert
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18. November 2018 um 13:39
Hallo Robert.
jetzt danke ich dir, von ganzem Herzen. Deine Wortwahl hat mich sehr berührt und beeindruckt .
Dank!
Und ja, der einzige Schmerz von damals hat sich heute in ein wohliges Gefühl bei mir gewandelt.
Liebe Grüße, Peter
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