Gedankenwirrwarr & Ruhrpott

Meine ganz eigene Welt

Immer, wenn ich Kaugummi-Automaten sehe…

13 Kommentare

Kaugummiautomat_Ruhrorter Str DU Kaßlerfeld1

Immer, wenn ich Kaugummi-Automaten sehe, muss ich an Heidi denken. Heidi saß nur zwei Bänke vor mir in der 4b. Sie hatte langes, blondes Haar, war zierlich und mit einer kleinen, süßen Stupsnase gesegnet. Eine Kinderliebe wäre nun wohl zu viel gesagt, aber ich mochte sie schon, schon ziemlich. Meine erste Erfahrung, ich meine mit Gefühlen und Gedanken für das andere Geschlecht.

Sie war nicht nur viel hübscher, sondern bei weitem auch viel klüger. Was ich unweigerlich daran erkannte, dass sie ständig den Arm hob, wenn die Klassenlehrerin meinte Fragen stellen zu müssen. Generell kann ich behaupten, war sie in jeglicher Hinsicht viel auffallender, schillernder, strahlender. Nicht, dass ich nicht aufgefallen wäre. Oh, das bin ich. Durchaus. Ich war damals für mein Gewicht um viele etliche Zentimeter zu klein, hatte knallrote Haare und zu meinem Überfluss spannte sich auch noch viel zu häufig ein orangefarbenes T-Shirt, das meine nicht allzu dezente Haarfarbe noch einmal betonte, um meine ausladenden Hüften. Zu allem Überfluss prangerte auch noch auf dem knalligen Bekleidungsstück das grinsenden Konterfei von Gerd Müller, dem Bomber der Nation. Der von meinem hervorstechenden Bauch in eine unendliche Breite gezogen wurde, was seinem Grinsen eine richtige Absurdität verlieh. Kurzum, unscheinbar war ich nicht. Ich fiel halt nur irgendwie anders auf.

Uns trennten Welten. Was ich wohl mit meinen kaum zehn Lenzen bemerkte und begriff. Es nie wagte sie anzusprechen. Was, aus meiner heutigen Sicht, schon eine sehr Weise Entscheidung war. Leider lässt mit zunehmendem Alter die Weisheit nach.

Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, wie sie eines Tages vor einem dieser Kaugummiautomaten stand, einem dieser zweigeteilten Kästen. Diese herrlichen Taschengeld-Vernichtungsmaschinen. Auf der einen Seite befand sich meist eine Box mit kleinen runden, bunten Kaugummikügelchen und daneben so ein Teil, dass das Geld für ein Ring oder sonstigen Gimmick schluckte. Man warf sein schwer erbetteltes Geld von den Eltern in einen Schlitz, betätigte den Drehgriff und hoffte, dass diesmal die richtigen Dinge in den Auffangbehälter plumpsten. Aber meist kamen die vollkommen geschmacklosen, weißen Kügelchen zum Vorschein.

Doch für Heidi tat sich an diesem besonderen Tag vor dem „Spielzeugautomat“ nichts. Der Griff ließ sich nicht drehen, er bewegte sich kein Stück, klemmte fest. Und plötzlich befand ich mich neben ihr, mit einem kräftigen Ruck drehte ich an dem blanken Hebel und es kullerte eine Plastikkugel gefüllt mit einem kleinen, silberfarbenen Ring in den Behälter. Sie lächelte, nickte, bedankte sich und ging. Ich stand dort, fühlte mich wie ein weißer, edler Ritter der Tafelrunde und hatte meine erste Erfahrung mit einem Mädchen. Ich grinste wie mein Gerd Müller, nur um ein vielfaches breiter und roter.

Kaugummiautomat_Am Alten Markt DU Mitte

Autor: rejekblog

Ich bin 1964 in Duisburg geboren und lebe fast die ganze Zeit im Ruhrpott. In meinem Blog möchte ich gerne etwas über den Ruhrpott erzählen und was hier so los ist. Und natürlich, was so in meinem Kopf los ist. Nicht viel, ich gebe es zu.

13 Kommentare zu “Immer, wenn ich Kaugummi-Automaten sehe…

  1. Herrlich und wunderbar geschrieben:
    ich hatte ähnlich Erlebnisse um einen Kaugummiautomaten und ein rothaariges Mädchen.
    Rosemarie….
    Sie war acht – ein Jahr älter als ich.
    🙂

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  2. Wie schön! Und weißt du, was aus Heidi geworden ist!

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    • Danke! Ich freue mich!
      Leider weiß ich nicht was aus Heidi wurde. Nach der Grundschule trennten sich unsere Wege. Sie ging auf eine Realschule und ich kam kurz darauf in ein Internat. Ins schöne Sauerland, ein Dorf namens Herdingen. Gibt in dem Blog auch ein paar Bilder jener fernen Tage. (Schlagworte Herdringen, wenne magst).
      Heidi habe ich aber nie vergessen. Kenn sogar noch ihren Nachnamen. Schon komisch, was man so behält, nicht vergießt. Wäre das mal bei Algebra II auch so.
      Danke nochmal! Grüße

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  3. Das ist eine sehr schöne Geschichte, manchmal wundert man sich, warum man gerade an bestimmten
    Dingen oder Personen sich erinnert.

    Schöne Grüsse
    Schreibteufelblog

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  4. Wie süüüß, da isser wieder, mein Ruhrpottjunge:-))Liebe Grüße…Corinna

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  5. Eine schöne Geschichte. :o)

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