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Verdammt lang her – Wildpferde im Emscherbruch – der letzte Emschersticker Bernhard Großfeld – Bleckkirche in Gelsenkirchen-Bismarck

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Man benötigt heute schon eine riesige Portion Fantasie oder Vorstellungskraft, wenn man heute durch die Stadtgebiete von Herne, Marl, Recklinghausen oder Gelsenkirchen schlendert, dass dort, wo jetzt Beton, Asphalt und Gestein herrschen, sich einst Wald, Wiese und Wildpferde befanden bzw. lebten.

Bis in den 1840er Jahren lebten im Emscherbruch noch Wildpferde, Emscherbrücher oder auch Dickköppe genannt. Sie hatten einen breiten Schädel, kurze Ohren, Hornwarzen an allen vier Beinen und einen von der Rückenwurzel herabhängenden behaarten Schweif. Die Dickköppe erreichten ein Stockmaß bis 135 cm bei einem maximalen Körpergewicht von 300 kg. Die robusten Tiere dienten als Arbeits- oder Reitpferd. Ihr Vorkommen wurde 1396 erstmals urkundlich erwähnt. Aber schon die Römer berichteten von Wildpferden im Emscherbruch. Seit dem Mittelalter hatten nur Adelsfamilien das Recht die Tiere einzufangen und einmal im Jahr in Crange am Laurentiustagauf dem Markt zu verkaufen. Aus dem historischen Pferdemarkt ist die Cranger Kirmes hervorgegangen. Für den Fang der Emscherbrücher wurden die sogenannten Emschersticker „beauftragt“.

Der bekannteste und letzte Emschersticker war Bernhard Großfeld aus Crange. Um die Wildpferde zu fangen, trieb man die Herde in einen vorab gefertigten Fangstall und fing sie dort mit einem Lasso ein, das man zuerst an einem Baum befestigte und dann die Schlinge um den Hals des Pferdes legte. Der Legende nach, soll Bernhard Großfeld in der Eile vergessen haben, sein Lasso zu befestigen. Das von ihm eingefangene Tier begann zu flüchten und der bärige Emschersticker band sich fluchs das Seil um seine Hüften und wurde von dem Dickköpp mitgerissen. Es begann eine lange und wilde Jagd und der Fluchtweg war gezeichnet von rausgerissenen Sträuchern und Kleiderfetzen. Erst als das Pferd vollkommen erschöpft war, konnte der kräftige Großfeld mit den Worten: „Du Oos, eck wuß jo, dat eck di kreg“ das Tier zu Boden zwingen und das Zaumzeug überwerfen. Bernhard Großfeld starb 1870 und wurde auf dem Friedhof der Bleckkirche in Gelsenkirchen-Bismarck beerdigt.

Der Friedhof existiert heute nicht mehr, nur noch die Bleckkirche ist erhalten geblieben. Die Kirche ist das älteste erhaltene Kirchengebäude im Stadtgebiet von Gelsenkirchen, obwohl sie erst aus dem Jahr 1735 stammt. Friedrich Wilhelm I verfügte 1734, dass die katholische Adelsfamilie von Nesselrode eine evangelische Kirche für die kleine protestantische Gemeine baue. Das taten sie auf dem Bleck, einer niedrigen Erhebung in der Emscheraue, wo sich seit dem 16. Jahrhundert ein kleines Armenhaus befand. Durch die Industrialisierung und den bergbaubedingten Bevölkerungszuzug wurde es notwendig, die Kirche 1889 zu erweitern. Sie bekam einen Turm, einen neuen Altarraum und das Querschiff erhielt 1893 noch Emporen, um mehr Platz zu schaffen. 1990 wurde sie aufwändig saniert. 2003 erhielt sie eine neue Taufschale von Angelo Monitillo. Schmuckstück ist jedoch der Renaissance-Altar aus der alten Schlosskapelle von Schloss Grimberg aus dem Jahr 1574. Heute wird die Bleckkirche, neben dem sonntäglichen Gottesdienst, hauptsächlich für kirchliche Kulturarbeit wie Ausstellungen, Konzerte, Theater oder Lesungen genutzt.

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Autor: rejekblog

Ich bin 1964 in Duisburg geboren und lebe fast die ganze Zeit im Ruhrpott. In meinem Blog möchte ich gerne etwas über den Ruhrpott erzählen und was hier so los ist. Und natürlich, was so in meinem Kopf los ist. Nicht viel, ich gebe es zu.

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