Vor über 31 Jahren, am 23 Januar 1986, verstarb der Künstler Joseph Beuys in Düsseldorf und 9 Monate später folgte ihm sein Kunstwerk die „Fettecke“. Das plötzliche Ableben der „Fettecke“ beschäftigte bald darauf das Landgericht Düsseldorf mit den Fragen: Wie konnte es passieren? Und wer kommt für den Schaden auf?
Im Raum 3 der Staatlichen Kunstakademie in Düsseldorf der Beuys als Atelier überlassen worden war, hatte der Künstler im April 1982 eine ca. 25 Zentimeter hohe Skulptur aus 5 Kilogramm „Winterbutter“ (mit Salz haltbar gemacht) in 5 Meter Höhe an der Wand seines Ateliers angebracht – die sogenannte „Fettecke“. Noch am Tag ihrer Entstehung habe Beuys das Werk vor Zeugen seinem Meister-Schüler Johannes Stüttgen überlassen. In der Folgezeit diente das Fett-Dreieck „als ständiges Demonstrationsobjekt“ in Seminaren und für Besucher. Nach Beuys Tod wurde der Raum dann kaum noch genutzt und verwahrloste. Putzfrauen und der Hausmeister der Kunstakademie wurden schließlich angewiesen ihn wieder herzurichten. Am 9. Oktober 1986 landete die von Staub und Spinnweben überzogene „Fettecke“, die von den fleißigen Mitarbeitern somit nicht als Kunstwerk erkannt wurde, in einem großen Abfalleimer. Stüttgen rette den Eimer mit den kläglichen Resten und verklagte das Land Nordrhein-Westfallen auf Schadensersatz. In zweiter Instanz gab ihm das Gericht 1988 recht und sprach ihm 40.000 DM zu.
Aber damit war die Odyssee der Butter nicht beendet. 2014 musste sich erneut ein Gericht mit ihr beschäftigen. Johannes Stüttgen hatte die Fettecken-Rest für eine „Schnapsbrennerei“ zur Verfügung gestellt. Aus dem Rest brannten die drei Künstler Andree Korpys, Dieter Schmal und Markus Löffler ein „hochprozentiges“, geistiges Kunstwerk. Anschließend tranken sie das Ergebnis ihrer Arbeit. „Der Geschmack erinnert ein bisschen an Parmesan“, sagte der Bremer Kunstakademieprofessor Löffler. „So supertoll“, schmecke es nicht „Aber es geht ja darum, den Geschmack von Kunstgeschichte zu spüren.“ Mithilfe einer einfachen Apothekerdestille haben die drei Künstler den Schnaps gebrannt. Den 80-prozentigen Alkohol aus den Butterresten verdünnten die Künstler anschließend zu etwa vier Litern 50-prozentigem Schnaps. „Das ist jetzt ein Kunstwerk.“, sagte Löffler. Die drei „Brennkünstler“ wollten ihren „Butter-Schnaps“, in Flaschen abgefüllt, ausstellen. Dagegen wehrte sich die Witwe von Beuys 2014 erfolgreich vor Gericht.
Es war bereits der zweite Fall, in dem ein Kunstwerk von Beuys nicht als solches erkannt und zerstört wurde.
1976 hat das Oberlandesgericht Düsseldorf die Stadt Wuppertal zu einer Schadenszahlung von 58.000 DM an den Kunstsammler Lothar Schirmer verdonnert. Was damals zu einer heftigen Diskussion in Deutschland führte und in der Öffentlichkeit die Frage aufwarf: Was ist Kunst? Drei Jahre vor dem Urteil geschah das Unheil im Leverkusener Museum Schloss Morsbroich. Die Leverkusener SPD feierte dort ein kleines Fest und zwei SPD-Damen suchten noch Stühle, Tische und anders nützliches Zeug für ihre kleine Partei-Party. In einer Kammer fanden sie eine Baby-Badewanne, die mit Mullbinden, Pflastern und Fettklumpen übersät war. Schnell wurde den Genossinnen klar, dieses dreckige Behältnis ließ sich wunderbar zum Gläser spülen verwenden. Flugs wurde es von den Materialien befreit und ordentlich geschrubbt bis es blitzblank war. Was sie nicht ahnten, es war ein Kunstwerk von Joseph Beuys, das nun zwar sauber, aber zerstört die Feier rettete und die Laune des Kunstsammlers Schirmer verhagelte. Dieser hatte das Exponat an das Wuppertaler Von-der-Heydt-Museum ausgeliehen, dass das gute Stück in Leverkusen zwischenlagerte. So nahm das Gericht die Stadt Wuppertal an die Kandarre, die für den Schaden aufkommen musste. Mit Hohn und Spot reagierten damals die Medien auf diese Säuberungsaktion.
Und wohl inspiriert von der Säuberungsaktion von 1986 nahm dann gleich darauf ATA die Stories für einen TV Werbespot auf. Zwei Putzfrauen säuberten eine verdreckte Badewanne in einem Museum mit dem Scheuermittel. Seit dem hält sich wohl hartnäckig das Gerücht, dass Putzfrauen das Wannen-Desaster angerichtet hätten.
Mehr zu Beuys und Ausstellung in Schloss Moyland
ATA Werbespot: http://www.youtube.com/watch?v=x7t1nHkKJCw
Interview mit den SPD Damen: http://www.youtube.com/watch?v=EVkJrffi764
24. Mai 2018 um 0:11
WordPress fordert mich auf, ich solle mir doch als erstes diese Geschichte von Dir durchlesen – habe ich gemacht und mich sehr amüsiert. Prima, wie Du das zusammengefaßt hast, und als besondere Zugabe die beiden Videos. Ich glaube, mit Deinen Geschichten werde ich noch so einige kurzweilige Zeiten verbringen.
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24. Mai 2018 um 19:54
Ay, danke! Ich freue mich sehr. Und hoffe, dass dir der ein oder andere Beitrag auch gefällt und du viel Spaß hast.
Freundliche Grüße
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25. Mai 2018 um 17:54
Tja, die Fettecke und ihr Ende war ja damals in aller Munde.
Wobei ich der Meinung bin, das sich Kunst nicht wirklich in materiellem Wert ausdrücken lässt.
Schon klar, für die Kunstwerke wurde bezahlt und der Verlusst soll ausgeglichen werden. Aber gerade die Badewanne und die Fettecke sind Kunstwerke, die irgendwann den Weg aller natürlichen Dinge gegangen wären.
Manchmal denke ich auch, der Beuys hat sich bestimmt heimlich eins ins Fäustchen gelacht, für was Leute Geld zu zahlen bereit sind. 😉
Grüßli 🙂
Die Werbung der 80 Jahre ist so cool. Danke fürs schwelgen in der Vergangenheit !
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25. Mai 2018 um 21:18
Danke! Ich freue mich. Und jap, ich glaube auch das Beuys seine helle Freude gehabt hätte.
Herzliche Grüße aus´m Pott
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