Ich verbrachte ein Teil meiner Kindheit und auch Jugend in einem Internat. Schloss Herdringen. Herdringen ist ein kleines verschlafenes Dörfchen mit ein paar hundert Seelen im tiefsten Sauerland. Mit einer riesigen, katholischen Kirche, die in keinem Verhältnis zu dem Rest des Dorfes stand sowie drei Kneipen für all die umliegenden Bauern, einem Tante Emma-Laden und einem Büdchen, der Treffpunkt der Jugend, natürlich neben dem gelben Telefonhäuschen in der Dorfmitte, das Abends von innen beleuchtet war. Es fehlte halt in Herdringen an Straßenlaternen. Und natürlich dem besagtem Schloss. Man fragt sich: Warum so viele Fürsten damals ihre Sitze am Arsch der Welt gebaut haben. An den Grundstückspreisen konnte es wohl kaum gelegen haben.
Ich nannte so von 1975 bis 1983 das hochherrschaftliche Domizil mein „Zuhause“, genau genommen gar nicht mal so knapp. Ich möchte überhaupt nichts darüber erzählen, wie einzigartig, wie Lausbubenhaft wir waren, dass würde nicht so unbedingt der Wahrheit entsprechen. Da sind die guten alten Schneider Bücher wie „Burg Schreckenstein“ bei weitem spannender und aufregender. Wobei ich erwähnen muss, eine Ritterrüstung stand bei uns auch im Flur herum.
Auch war das Ganze nur halb so elitär wie es erscheinen mag. Wir lagen in der Regel mit acht Jungs in einem recht schlichten Zimmer. Dass wurde auf Dauer eng, laut und durchaus stickig. Aber dennoch kann ich die Zeit dort im Großen und Ganzen nicht als unangenehm bezeichnen, sonst wäre ich ja schließlich nicht so lange geblieben.
Mit 16 Jahren konnte man damals den Klasse 4 Führerschein erwerben und ein „offenes“ Kleinkraftrad fahren, das mit seinen ca. 6 PS es immerhin auf satte 85 km/h brachte. So eine „Pappe“ Klasse 4 war in Herdringen überlebensnotwendig, denn so ein Dorfleben war im Grunde genommen stinke langweilig.
Da war nach dem jährlichen Schützenfest vor dem nächsten Schützenfest. Unsere Schule lag nur 50 Meter vom Internat entfernt und war hornalt, wie alt weiß ich nicht, auch weiß ich nicht wer Heinrich Knoche war, aber eine Gedenktafel hing an der Tür, die darauf hinwies, dass der Rechenmeister hier ab 1852 wirkte. Und wie es nun mal „auf“ so einem Dorf ist, Veränderung ist Teufelswerk, so hat sich auch nicht viel in dem Gebäude verändert.
Da wir fast alle aus dem Ruhrgebiet kamen und Herdringen zum Hochsauerlandkreis zählte und ein anerkannter Luftkurort war, sahen wir Abends etwas, was uns bis dahin verwehrt wurde: Die Sterne. Über dem Pott hing Mitte der 1970er Jahre noch eine dicke, fette, gelbliche Dunstglocke, die jeglichen freien Blick nach oben versperrte. Der Nachteil in so einem Luftkurort: Ein Winter war noch ein Winter, es war Arsch kalt.
Und wo ich gerade bei dem Thema: Sterne sehen bin. Auf dem Internat gab es auch Mädchen. Wir waren so um die 90 Schüler auf 8 Klassen verteilt. Und davon waren mal mehr, mal weniger ca. 20 Mädchen. Ein erschreckendes Verhältnis. Besonders während der Zeit der Pubertät, wenn man die Sterne sehen wollte, wie es damals Udo Lindenberg in seinem Lied: „Meine erste Liebe“ so schön besang, musste man schon nach oben schauen, dass half aber über die „schwere Zeit“ nicht.

Herr Ermisch, Mathe Lehrer

Margarete Sebastian
1983 beendete ich die „Durststrecke. Ich machte Abitur und ließ das beschauliche und recht übersichtliche Dorfleben hinter mir.
Ich kann nicht wirklich negatives über diese Zeit berichten und dass ist jetzt kein verklärter Blick auf damals. Nicht nach dem Motto: „Früher war alles besser. Damals waren sogar die Gummistiefel aus Leder.“ „Die Jugend hatte noch Benehmen.“ Nein, es war einfach nur angenehm, entspannt. Aber stinke langweilig.

v. l . Uwe Knorn, Dirk Bauer (um 1980)

v. l. Dirk Bauer, Marc Hartwig (1982)

Uwe Knorrn, Andreas Fricke, Detlef Schulz

v. l. Michael Schürmann, André Jacke, Marc Hartwig, Dirk Bauer, Detlef Schulz, Stefan Steinbach, Andreas Fricke, Gabi Dirks, Uwe Knaack, Lehrer Herr Flörchinger
3. März 2018 um 11:37
Lausbuben… Denk Mal an den Morgen als Schmidti zum Wecken reinkam und die zusammengeknoteten Bettlaken aus dem Fenster hingen…. und wir nicht da waren. Lach
Liebe Grüße
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12. März 2018 um 11:14
Ja! Lang ist es her. Aber eigentlich war es das auch schon. 🙂
Grüße
Peter
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12. März 2018 um 12:13
Stimmt, lang her. Dank dir fiel mir ein alter S8 Film ein, den ich mal da drehte. Wird gerade digitalisiert, bin gespannt was da drauf ist.
Auf einem der Bilder sind 5 Mädchen, die in der beigen Hose, ist das B. D. ?
Bis denne und liebe Grüße
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14. März 2018 um 11:21
Ay, jap so ein Filmchen ist bestimmt lustig. Hatte auch mal einen, der ist aber im Laufe der Jahre verschütt gegangen. Frage mich nicht wie die Mädchen heißen, habe keine Ahnung. Das Mädchen mit dem schwatzen TShirt am Baum ist Ammelie Hartwig, mehr weiß ich allerdings nicht.
Liebe Grüße
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24. März 2018 um 14:40
Hi,
So… der Film (Herdringen) ist digitalisiert, sind zwar nur 20 Minuten aber … da sind so einige drauf… du auch, der Bio Lehrer, Andrè T., Stefan F., ich weiß nicht wer. Sogar B.D., in die ich etwas „verschossen“war. War interessant mal das alles zu sehen.
Liebe Grüße vom Rand des Ruhrgebiets
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25. März 2018 um 11:55
HaHa!! Freue mich. Bestimmt reichlich unterhaltsam und spannend sich mal so wieder zu sehen.
Liebe Grüße
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19. Juli 2018 um 9:25
Hallo. Ich hatte auch das Vergnügen ein kleinen Teil meiner Kindheit im Internat Schloss Herdringen zu verbringen weil beide meiner Eltern eine Umschulung machen. Ging am Anfang noch in die Hauptschule in Neheim und kam dann auf das Aufbaugym. am Schloss. Leider habe ich keine Bilder aus der Zeit aber einige Dinge sind noch schwach in Erinnerung; mit einem Jäger habe ich mich angefreundet der sich auf dem Gelände vom Schloss eine Stallung gemietet hat. Dort durfte ich zusehen wie er Waschbären und Kaninchen das Fell abzog und in Sachen Fallenkunde bekam ich Unterricht. Dann kann ich mich an den Essenssaal erinnern; dort musste man selber sein Nutella oder Marmelade mitbringen und beschriftet auf ein Regal stellen. Einige Nachnamen der Mitschüler fallen mir auch heute noch ein; möchte ich hier aber nicht nennen. Nur soviel: ich wurde mal von einem Arztsohn( Andre….) an den Möhnesee über ein paar Tage eingeladen und hatte das Vergnügen dort mit dem Segelboot auf der Möhne zu schippern. Ja meine Zeit war 1972 bis 1974.
Müsste aber nochmal in die Zeugnisse schauen. Gruss an alle die auch in dieser Zeit hier waren.
Dirk Sch.
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