Gedankenwirrwarr & Ruhrpott

Meine ganz eigene Welt


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Chemo, Eitelkeit, falsche Haarpracht und sommerlicher Typ

Es ist nun gut ein Jahr her, dass ich meine letzte Chemo-Behandlung erleben durfte und noch heute spüre ich manchmal die Auswirkungen, die noch dadurch verstärkt werden, da ich mir, bis vor Kurzem, noch zweimal täglich Clexane spritzen musste wegen einer Lungenembolie. Besonders bei kaltem Wetter bekomme ich das unglückliche Zusammenspiel der Medikamente zu spüren. Meine Finger werden schlecht durchblutet, werden ganz weiß und Blutleer. Sie sehen krank aus. Und dann geschieht etwas komisches mit mir. Ich verstecke sie regelmäßig in meine Jacken- oder Hosentaschen. Ich muss unweigerlich daran denken, dass mir des öfteren Frauen erzählten, dass sie besonders auf die Hände eines Mannes achten. Sie schauen sie sich genau an: Sind sie gepflegt, ordentlich, sauber, nicht zu wurstig, können zupacken und überhaupt. Dann sehe ich meine weißen, hellgelben, streckenweise auch blau angelaufenen Finger und muss sie instinktiv verstecken. Dann hadere ich mit meiner Eitelkeit und kann mir ein Grinsen über mich nicht verkneifen. Irgendwie hat so eine Eitelkeit etwas an sich. Sie ist komisch, weil man selber komisch wird.

Vor drei Jahren erkrankte ich das erste Mal an Krebs. Es gab eine OP, Chemo und viel zu häufig die Aussage: „Das wird schon“. Die ganze Sache hatte nur blöderweise gestreut; es folgte noch ein Tumor, noch eine OP und da bekanntermaßen alles guten Dinge gleich drei sind, fand ich mich kurz darauf erneut auf dem OP-Tisch wieder. Dort knackten sie mir zwei Rippen, holten ordentlich Lunge raus und ließen mich mit einem unglaublich wirkungsvollen Glücklichmacher, der einen horrenden Straßenverkaufspreis erzielen würde, die Schmerzen überstehen. Nach der Meinung der Ärzte war aber nun Schluss mit Lustig und sie verordneten mir eine doppelte Portion Chemikalien. Und damit diese Menge auch rein passt, verpasste man mir einen Venenkatheter am Hals. Mir nichts dir nichts stand ich wieder mit einer Glatze vor dem Spiegel. Aber im Gegensatz zum ersten Mal, konnte ich mir diesmal nichts schön reden. „Nix war´s mit männlich“. Ich fühlte mich richtig krank. Klar, ich war krank, aber diesmal fühlte ich mich auch so. „Humor ist, wenn man dennoch lacht“, galt da für mich nicht mehr. Weiterlesen